Bundesweite Abschaffung und Rückerstattung der 10 Euro Gebühr jetzt!

ITAP e.V. fordert die Innenministerien aller Länder dazu auf, die 10 Euro Gebühr für eine Verlassenserlaubnis abzuschaffen sowie die zu Unrecht erhobenen Gebühren zurück zu erstatten. Hier das Anschreiben und das Urteil, das wir verschickt haben. Das Urteil könnt ihr gerne auch für eure eigene politische Praxis verwenden.

Liebe Damen und Herren,

wir, die Initiative Togo Action Plus e.V., möchten Sie auf das Urteil des OVG Magdeburg (siehe Anhang; Aktenzeichen: 2L44/10 – 1A 395/07 – HAL) vom 26. Oktober 2011 aufmerksam machen und fordern die bundesweite Abschaffung der 10 Euro Gebühr für eine Verlassenserlaubnis sowie die Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Gebühren.

Das OVG gab dem Kläger Komi E. recht und urteilte, dass für die Erhebung einer Gebühr für eine Verlassenserlaubnis keine rechtliche Grundlage besteht. Noch immer wird die Gebühr in vielen Ausländerbehörden von Asylbewerberinnen, Asylbewerbern und Geduldeten immer dann verlangt, wenn sie den ihnen zugeteilten Landkreis oder das Bundesland verlassen wollen und sich dafür bei der Ausländerbehörde eine Verlassenserlaubnis einholen müssen.

Die Erhebung einer Gebühr für eine Verlassenserlaubnis ist ein massiver Eingriff in die Grundrechte der Menschen, die hier in Deutschland Asyl beantragt haben bzw. geduldet sind. Vor dem Hintergrund der finanziell schwachen Lage der Menschen, die zumeist von Leistungen nach AsylbLG oder von Leistungen nach SGB II leben müssen, stellt die Erhebung einer solchen Gebühr einen verschärften Eingriff in die Grundrechte dar.

Doch nicht nur in Sachsen-Anhalt werden Gebühren für eine Verlassenserlaubnis erhoben. Daher fordert ITAP e.V. alle Innenministerien in Deutschland dazu auf, zu überprüfen, in welchen Ausländerbehörden des Landes Gebühren für eine Verlassenserlaubnis erhoben werden, diese auf das Urteil des OVG Magdeburg hinzuweisen und anzuordnen ab sofort von der rechtswidrigen Gebühr abzulassen. Darüber hinaus fordert ITAP e.V. die Innenministerien dazu auf, dahingehend tätig zu werden, so dass die Ausländerbehörden zu Unrecht erhobene Gebühren an die Betroffenen rückerstatten.

Initiative Togo Action Plus e.V. (ITAP e.V.)

Zum downloaden: Urteil 10€ Gebühr

Komi E. gewinnt Prozess gegen 10 € Gebühr

Im Berufungsverfahren vom 26. Oktober 2011 ist das Erheben von 10 € für eine Verlassenserlaubnis abermals als rechtswidrig erklärt worden. Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Magdeburg dürfte wenigstens eine der Willkür-Praxen der Ausländerbehörden enden.

Seit 2007 klagte Komi E., ehemaliger Asylbewerber, gegen die 10 € Gebühr. Diese wird von Asylbewerberinnen, Asylbewerbern und Geduldeten immer dann verlangt, wenn sie den ihnen zugeteilten Landkreis oder das Bundesland verlassen wollen und sich dafür bei der Ausländerbehörde eine Verlassenserlaubnis einholen müssen. Da eine Verlassenserlaubnis in der Regel nur für wenige Tage erteilt wird, sind Geflüchtete dazu gezwungen, mehrmals pro Monat eine solche zu beantragen. Damit stellt die 10 € Gebühr eine immense, finanzielle Belastung für die Betroffenen dar.

Bereits im Februar 2011 entschied das Verwaltungsgericht Halle (Saale), dass es für die Praxis der 10 € Gebühr für eine Verlassenserlaubnis keine Rechtsgrundlage gibt. Doch auch nach dem Urteil in Halle blieb die Ausländerbehörde bei der Praxis und verlangte weiterhin 10 €, wie mehrere Geflüchtete berichten und die Ausländerbehörde nach telefonischer Auskunft selbst angab. Vor Gericht begründete die Ausländerbehörde die Gebühr damit, dass bei der Verlassenserlaubnis eine Bescheinigung auf Antrag vorliege. Rechtsanwalt Volker Gerloff aber erklärt, dass es sich hierbei nicht um eine sonstige Bescheinigung nach dem Aufenthaltsgesetz (§47 Absatz 1 Nr. 9) handele, sondern um eine Verlassenserlaubnis. Das sei ein ganz normaler Verwaltungsakt und nicht eine sonstige Bescheinigung. Letzteres ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Ausländerbehörde für das Jobcenter eine Bescheinigung über den Aufenthaltstitel ausstellt.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Magdeburgs hat bundesweit Geltung. Nun ist es an der Politik dafür zu sorgen, dass dieser Rechtsentscheid in die Praxis der Ausländerbehörden in ganz Deutschland eingeht. Komi E. fordert die Innenministerien dazu auf, entsprechende Weisungen zu erlassen, dass die Ausländerbehörden die entsprechenden Gebührenentscheide überprüfen, diese zurück nehmen und im Ergebnis die jeweils 10 € an die Betroffenen zurück zahlen.

Rückblick: Demonstration gegen Residenzpflicht in Merseburg

Etwa 65 Aktivist_innen und Geflüchtete sind am 29. Juli 2011 dem Aufruf der Initiative Togo Action Plus e.V.  gefolgt und haben gegen das rassistische Gesetz der Residenzpflicht und gegen die 10,00 Euro-Gebühr, die von Asylbewerber_innen und Geduldeten verlangt wird, wenn sie ihren Landkreis bzw. das Bundesland verlassen wollen, demonstriert. Die Route der Demonstrant_innen verlief vom Merseburger Hauptbahnhof, durch die Innenstadt bis zum Domplatz, auf dem sich die Ausländerbehörde befindet.

Von Beginn an jedoch störte eine Gruppe von Nazis die Demonstrationen. Bereits am Bahnhof positionierten sich circa 20 Personen und bedrohten die Aktivist_innen durch ihre Präsenz. Während der Redebeiträge auf dem Domplatz am Ende der Strecke gab es noch einen direkten Angriff auf die Aktivist_innen. Nazis, die von der Flußseite an den Domplatz gekommen waren, haben Böller geworfen, durch die eine Aktivistin verletzt wurde. Die Frau aus Burkina – Faso, die aus dem Heim Krumpa (Merseburg) zur Demo gekommen war, fiel in Folge des Angriffs zu Boden und musste unter Schock ins Krankenhaus gebracht werden.

Die Merseburger Polizei war nicht im Stande die Demonstrant_innen angemessen zu schützen. Während des Angriffs auf dem Domplatz waren Aktivist_innen zuerst vor Ort, um weitere Angriffe abwehren zu können. Die Polizei hingegen war an den einzelnen Ausgängen des Domplatzes so schwach aufgestellt, dass eine sofortige Präsenz nicht gewährleistet wurde.

Wir möchten uns noch einmal bei allen Aktivist_innen bedanken, die uns im Vorfeld, während der Demo als auch danach unterstützt haben. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass wir uns nur auf uns selbst verlassen können. Ensemble en Action! Gemeinsam sind wir stark.

ITAP e.V. verurteilt den rassistisch motivierten Angriff auf die Aktivist_innen und fordert:

Die Bestrafung der Täter_innen!

Die Abschaffung der Residenzpflicht!

Die Umsetzung des Menschenrechts auf Bewegungsfreiheit!

Ein Ende der kapitalistischen Ausbeutung von Menschen auf der Flucht – sowohl in ihren Herkunftsländern als auch in Deutschland

Die Abschaffung der 10 € Gebühr!

Ein Ende den gezielten Polizeikontrollen im Sinne des racial profiling!